Altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim

Gymnasium mit altsprachlichem Zweig
Schule mit musikalischem Schwerpunkt
Partnerschule des Leistungssports

AKG: Professor Thomas Rechlin referierte über Suchtprävention / Neue Problemfelder – wie Online-Sucht – wachsen heran

Bensheim. Für das Belohnungssystem im Gehirn spielt Dopamin eine wichtige Rolle. Der Botenstoff löst Glücksgefühle aus: Wohlbefinden, Lebensfreude, Euphorie. Dopamin leitet die Signale zwischen den Nervenzellen weiter und sorgt auf diese Weise für entsprechende körperliche Reaktionen. So wird Dopamin etwa durch Essen oder Sex ausgeschüttet.

Das System gerät aus den Fugen

Dieses natürliche, fein austarierte Belohnungssystem gerät bei einer Sucht aus den Fugen. Stoffgebundene (Haschisch, Kokain, Alkohol) oder nichtstoffgebundene (Spielsucht, Kaufsucht) Suchtmittel überfluten das Belohnungssystem kurzzeitig (z.B. Nikotin) oder über Stunden (z.B. Heroin, Ecstasy) mit Dopamin und sorgen für einen unnatürlichen „Dauerbelohnungszustand“ im Gehirn. Diese negativen Effekte kennzeichnen suchterzeugende Drogen. Für diesen künstlichen „Beschuss mit Dopamin“ seien die Neuronen nicht ausgelegt, sagte Professor Thomas Rechlin. Der Ärztliche Direktor der Heppenheimer Vitos Klinik referierte im Rahmen des AKG-Forums „Suchtprävention“ im Speichertheater des Alten Kurfürstlichen Gymnasiums.

Rechlin, Neurologe und Psychiater, gab zunächst einen Überblick über die Psychiatrie, die als relativ junge medizinische Disziplin, in den vergangenen Jahren auch aufgrund der Komplexität des heutigen Lebens, die viele Menschen überfordere, an Bedeutung gewonnen habe.

Auslöser psychiatrischer Störungen seien häufig sedierende, halluzinogene sowie stimulierende Suchtmittel, die neben körperlichen Erkrankungen und sozialer Ausgrenzung beispielsweise zu Schizophrenie, Angststörungen oder Panikattacken führen können.

Anhand diverser Zahlenreihen verdeutlichte Professor Thomas Rechlin den wirtschaftlichen Milliarden-Schaden, den Suchterkrankungen pro Jahr in Deutschland verursachen.


Starke Eltern, starke Kinder

Suchtprävention finde zuallererst in der Familie statt, erklärte der Experte. Starke Eltern bedeuteten starke Kinder, formulierte Rechlin und betonte die Vorbildfunktion Erziehungsberechtigter für ihre Zöglinge. „Das ist Lernen am Modell. Darüber hinaus sei die Bildung des Urvertrauens und damit verknüpft die Fähigkeit, Bindungen einzugehen, elementarer Bestandteil der familiären Prägung. Eine starke Persönlichkeit sowie intakte familiäre und soziale Bindungen dienten Kindern und Jugendlichen als Kraftquelle, um mit den allgemeinen Herausforderungen des Lebens zurechtkommen und eben auch Suchtmitteln widerstehen zu können. Neben dem familiären Umfeld sei es wünschenswert und erforderlich, zusätzlich auf anderen Ebenen wirksame Prävention zu betreiben. Die Schule könne auf dem Gebiet der Aufklärung viel leisten, ebenso staatliche Institutionen mit besseren Beratungsangeboten speziell für Kinder und Jugendliche.

Auch wenn bei einigen Suchtmitteln – wie Heroin und Nikotin – in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Rückgang zu registrieren sei, würden andere Problemfelder heranwachsen. Essstörungen, die eine relativ hohe Mortalität verzeichnen, sowie PC- und Online-Sucht in ihren verschiedenen Erscheinungsformen seien Themen, die Gesellschaft und Psychiatrie/Medizin in den nächsten zehn Jahren „sehr stark beschäftigen“ würden, meinte Thomas Rechlin.

eh