Altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim

Gymnasium mit altsprachlichem Zweig
Schule mit musikalischem Schwerpunkt
Partnerschule des Leistungssports

BENSHEIM. Die Jungfrau Maria kehrt von der Himmelfahrt zurück und backt Teegebäck für die Pilger, und das Ehepaar auf der sinkenden Titanic winkt fröhlich seinen Kindern zu. Witzig und skurril, sarkastisch und humorvoll, bösartig und bitter: All diese Attribute kennzeichnen die "Nabelschnüre", die eigentlich das Symbol der mütterlichen Fürsorge sind.

Der amerikanische Erfolgsautor Michael McKeever verzerrt in sechs kurzen Einaktern das Prinzip Mama ins Groteske. Die Gruppe "Encore", Ehemalige der Englisch-Theater-AG am AKG, inszenierte vier dieser Schnipsel in englischer Sprache. Ihr Auftritt am Montag im Speichertheater stieß bei den Zuschauern auf ein großes Echo.

Auf einer minimalistisch ausgestatteten Bühne eröffneten die vier Akteure einen abwechslungsreichen Reigen, der typische Klischees unter die Lupe nimmt. Sie geben den ihren grotesk übersteigerten Figuren viel Farbe. Wie etwa der Frau, die auf dem First-Class-Oberdeck der Titanic ihren Kindern zuwinkt, die das Rettungsboot besteigen. Das Ehepaar, das nicht einmal die Namen seiner Kinder im Kopf hat, ignoriert die prekäre Situation. Letztlich ist man ja Kunde auf einem Luxusliner.

Nach einigen lästernden Bemerkungen über unbequeme Schwimmwesten wenden sich die beiden den scheinbar wirklich wichtigen Dingen des Lebens zu: der Tischordnung beim morgendlichen Frühstück und der Diskussion um Katzen. Die Gattin unterstreicht ihre Vorliebe für die schnuckeligen Vierbeiner, die sie sowieso lieber gehabt habe als Kinder.

In einer anderen Szene herrscht die resolute Mutter ihre Tochter an, die sich nach sechs Jahren lesbischer Liebe nun mit einem Mann auf Wolke sieben begeben hat. Alldieweil habe sie bereits die Fahne für die "Lesben-Mütter gegen Diskriminierung" hochgehalten.

Bittere Szene im Beichtstuhl

Eine bittere Szene, angereichert mit einer atmosphärischen Dichte, spielte im Beichtstuhl. In einem leicht abgedunkelten Theaterraum druckst der "Sünder" einige Zeit herum, bis er Zutrauen gewinnt. Seine Lügen und Diebstähle gehen noch leicht über seine Lippen. Vorsichtig wagt er sich an den Kern seiner seelischen Zerrissenheit heran und erzählt von dem langen Martyrium seiner totkranken Mutter.

Vermutet der Pfarrer bereits ein Geständnis zur Sterbehilfe, sieht er sich alsbald mit dem gegenteiligen Problem konfrontiert: die nicht geleistete, aber von der Mutter so sehr gewünschte Verkürzung ihres Lebens. Doch für diesen Akt der Reue gibt es keine Absolution. Statt den Rosenkranz zu beten, empfiehlt der Pfarrer, sich etwas Nettes zu gönnen.

Und schließlich taucht die Muttergottes im Haus von Familie White persönlich auf, zum gemeinsamen Muffinbacken. Die beiden Brüder Peter und Paul zweifeln an der Echtheit, bis Maria den Beweis mit einer Sonnenfinsternis liefert. Ihr Besuch sei ein zyklischer Weckruf an die Menschheit, sie wolle der Mutter im Vorgarten erscheinen. Wie damals der heiligen Bernadette. Die große Schar an Pilgern wartet bereits. "Ach ja, Söhne", jammert Mutter White über ihre Nachkommen. "Wem sagst du das", entgegnete die Jungfrau Maria.

Das facettenreiche Mosaik an Mutterschicksals-Episoden präsentierten Katharina Busch, Florian Krumb, Alice Williams und Tim Williams.

Für die musikalische Klammer sorgte Peter Williams. Hinter der Bühne wirkten mit: Susanne Koch, und Alina Huppertz. Die Technik übernahm Fabian Kleber. moni

11. September 2013 - Bergsträßer Anzeiger