Altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim

Gymnasium mit altsprachlichem Zweig
Schule mit musikalischem Schwerpunkt
Partnerschule des Leistungssports

AKG: Akademische Feier in der Weststadthalle mit Zeugnisausgabe an die Abiturienten

BENSHEIM. Wenn die 115 Abiturientinnen und Abiturienten des AKG ernsthaft geglaubt haben, nach dem Ende ihrer Schulzeit mit Schönwetterreden und Allgemeinplätzen abgespeist und mit coolen Karrieretipps versorgt zu werden, dann hatten sie sich gründlich geirrt.

Stattdessen machten alle Redner den Ex-Schülern bei der akademischen Feier in der Weststadthalle Mut, künftig den gewohnten und allzu bequemen Weg des geringsten Widerstandes zu meiden, neugierig zu bleiben, Talente zu nutzen und Träume zu verwirklichen.
 
Mit anderen Worten: Bei der Berufswahl nicht die Sicherheit, auch nicht die vermeintliche "Wohlfühltemperatur" und die Aussicht auf Geld vorne anzustellen, sondern stattdessen einen individuellen Weg zu beschreiben, sich auszuprobieren - und dabei das Risiko einzugehen, Fehler zu machen.
 
"Mut bedeutet immer, den Schritt auf ungewisses Terrain wagen. Mut eröffnet uns aber Perspektiven, macht uns selbstbewusster und lässt uns stärker aus einer Situation herausgehen, als wir hineingegangen sind. Mut heißt zu sprechen, wenn alle schweigen. Mut heißt zu handeln, wenn niemand etwas tut."
 
Schulleiter Karlheinz Wecht, der nach 36 Jahren im Schuldienst, darunter 20 Jahre am AKG, im kommenden Monat in den Ruhestand verabschiedet wird, erteilte dem Duckmäusertum und der Gleichmacherei eine klare Absage und ermunterte die Abiturienten zu einem risikobereiten Handeln: "Fehler gehören zum Leben dazu." Und "mutig sein, ist nicht immer leicht". Durch permanente Selbstoptimierung und die Suche nach dem perfekten Leben aber ginge das Gespür für die Grenzen verloren. Beides führe auf Dauer zum Kollaps und zu Versagensängsten.
 
43 Mal eine Eins vorm Komma
 
Natürlich gratulierte der scheidende Direktor zu Beginn seiner Ansprache und noch vor der Übergabe der Abiturzeugnisse und der Buchpreise für hervorragende Leistungen allen zur bestandenen Reifeprüfung. Der Gesamtnotendurchschnitt mit 2,13 sei klasse und bislang unerreicht, im Fach Mathematik sogar einsame Spitze.
 
Von 115 Abiturientinnen und Abiturienten hatten 43 Prüflinge am Ende eine Eins vor dem Komma, zwei sogar die Traumnote 1,0. Der Dank an die Eltern, das gesamte Kollegium, Studienleiter Dr. Hans-Jürgen Boysen-Stern und an das Sekretariat durfte nicht fehlen.
 
Bei seiner zehnten und letzten feierlichen Verabschiedung von "Ehemaligen" ging der Schulleiter auf deren Zeit am AKG ein, die angesichts der Umstellung auf G 8 für Schüler und Schule nicht immer einfach gewesen sei und aufgrund der unzureichenden Reduktion der gymnasialen Schulzeit durchaus einen "gewissen Experimentierstatus" gehabt habe.
 
Wecht erwähnte das ständige Ringen, die pädagogischen Vorgaben mit "unserer Vorstellung gymnasialer Bildung" in Einklang zu bringen. Der Nachmittagsunterricht, inklusive einem warmen Mittagessen, habe aus dem Stand heraus organisiert werden müssen. Im Keller wurde ein Provisorium eingerichtet, in der alten Schulküche eine Essensausgabe installiert, für die das Veterinäramt eine zeitlich befristete Genehmigung erteilte.
 
Dank des großen Schulbau- und Renovierungsprogramms des Schulträgers, sprich des Kreises, konnten nach und nach die räumlichen Voraussetzungen dem Ganztagsunterricht angepasst werden. Die Mensa wurde gebaut und eine neue Turnhalle "auf der beliebten Wiese" geplant. Als Ersatz und Trost für den Verlust des Grüns werde auf dem Schulcampus eine große Gras-Freifläche mit Blumen und Sitzgelegenheiten an der Fehlheimer Straße angelegt.
 
Gegen den Strom schwimmen
 
Auch die Elternsprecherin ermunterte die Schulabgänger, bei ihrer Berufswahl und in ihrem künftigen Leben eigene Entscheidungen zu treffen und nicht mit dem Strom zu schwimmen: "Schafft Euch Sinn, der Euch ein Leben hindurch trägt. Traut Euch etwas zu." Die Mutter einer Schülerin aus Heppenheim appellierte an die Abiturienten, nicht immer das Erstbeste zu wählen, sondern sich kreative Brüche zu erlauben und Umwege zuzutrauen. Danke sagte sie all den "Losten" am AKG, die die Schüler durch turbulente Gewässer sicher ans Ufer gebracht haben. Danke sagte sie auch "für die besondere Kultur am AKG".
 
"Das Abitur ist unser Airbag. Es ist die Absicherung für ein selbstbestimmtes Leben", machte das Abiturientinnen-Duo Laura Kristallis und Alina Maurer in seinem humoristisch angehauchten Rückblick auf die Schulzeit am AKG bildhaft deutlich. Die Tutoren und Tutorinnen verzichteten auf die sonst übliche Abirede und verabschiedeten sich stattdessen von ihren ehemaligen Schülern mit einem Koffer voller guter Wünsche.
 
Das musikalische i-Tüpfelchen auf die akademische Feier setzten wie gewohnt das AKG-Orchester unter Leitung von Gundolf Aisenpreis und Rainer Michels, die Big Band unter Leitung von Sonja Hayer-Lenz, Felix Ambach, ein Abiturienten-Ensemble sowie Sarah Reichling und Daniel Branding. gs
 
AKG-MEDAILLE FÜR CLARA MORWEISER
 
Die Überraschung war gelungen, die Freude riesengroß: Clara Morweiser war die Auserwählte, die bei der akademischen Feier des AKG in der festlich dekorierten Weststadthalle mit der AKG-Medaille "Pro virtute et prudentia" (für Tapferkeit und Weisheit) für ihr außergewöhnliches und vielfältiges Engagement für die Schulgemeinde ausgezeichnet wurde. Die Abiturientin mit dem Notendurchschnitt von 1,1 wurde neben vielen anderen Aktivitäten für die Leitung des Patenprojekts zur Integration der Sextaner belobigt. Sie hat außerdem viele Jahre im Jugendchor und im Schulorchester mitgewirkt und erfolgreich an der UN-Schülerkonferenz 2015 in New York teilgenommen. In der Schülervertretung war sie ebenso aktiv wie als Schulkonferenzbeauftragte.

Clara Morweiser war Delegierte und Schulsprecherin der Schülervertretung des Kreises Bergstraße. Für ihre hervorragenden schulischen Leistungen erhielt sie - zusammen mit 20 ehemaligen Mitschülern - vom Förderverein des AKG einen Buchpreis. Die Laudatio auf Clara Morweiser hielt Rainer Michels. gs

© Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 25.06.2016