BENSHEIM. Gerade noch im Stimmbruch, der erste Nagellack wird ausprobiert - und jetzt "plötzlich Oberstufenschüler"! Mit 15 Jahren sollen die Jugendlichen im Rahmen von G 8 den kuscheligen Klassenverband verlassen, selbstständig arbeiten und sich selbst organisieren. Wie soll das bloß funktionieren, fragen sich viele Schüler.
Ein erfolgreiches Arbeiten in der gymnasialen Oberstufe bis hin zum Erwerb des Reifezeugnisses verlangt mehr Selbstständigkeit von den Schülern, als ihnen bisher in der Sekundarstufe I zugemutet wurde - aber sie sollen damit nicht allein gelassen werden.
Um die Schüler zu stärken und ihnen das nötige Rüstzeug für diese neuen Herausforderungen zu geben, hat das AKG die sogenannten "Rüsttage" ins Leben gerufen. Sie fanden nun zum zweiten Mal in der Woche vor den Herbstferien statt, und Lehrer und Schüler konnten die angenehme Atmosphäre fernab vom Regelunterricht genießen.
Denn diese Einführungsphase für die Oberstufe bestand aus zwei Tagen beim Tutor und zwei Tagen in Workshops oder Seminaren bei Lehrern, die zeigen durften, dass sie nicht nur ihr Fach unterrichten können.
Während der Tutor die Zeit dazu nutzte, den Kurs zu einer Gemeinschaft zu formen, waren die Workshops und Seminare frei wählbar und dienten auf vielfältige Weise der Persönlichkeitsstärkung.
Von "Brainfood" bis Yoga
Stressabbau durch Yoga (ohne Räucherstäbchen), sich schlau essen mit "Brainfood", das seelische Immunsystem stärken durch Übungen zur "Resilienz", den eigenen Lerntyp kennenlernen, frei sprechen vor Gruppen und mit anderen fair streiten in "Jugend debattiert", ein SV-Projekt initiieren und mit seiner Lernzeit sinnvoll umgehen - das waren nur einige der angebotenen Themen, mit denen sich die Schüler befassen konnten.
Dabei haben sich sowohl Schüler und Lehrer von einer neuen Seite kennengelernt: Die Englischlehrerin auf der Yogamatte liegen zu sehen, seltene Berufe wie die eines "Hasenrichters" oder "Gorillasoldaten" bewerben zu müssen, den privaten "Ankerstein" mitnehmen zu dürfen oder das schlechte Zeitmanagement des Mathelehrers zu reorganisieren, waren Aufgaben, die zwar nicht immer leicht zu lösen waren, aber oft viel Fröhlichkeit erzeugten.
So waren die Energie, der herzliche Umgang miteinander und die rege Beteiligung der Schüler genug Bestätigung für das Angebot und Indizien dafür, dass die Schüler den Aufgaben, die auf sie zukommen werden, doch schon gewachsen sind. Und wenn Lehrer und Schüler in den nächsten Wochen und Monaten die Yogamatte und die Traumberufe nicht ganz vergessen, dann sollten die zweieinhalb Jahre Oberstufe doch wie im Fluge vergehen - mit einer weichen Landung am Ende. (Andrea Klein, Florian Krumb)
Freitag, 01.11.2013, Bergsträßer Anzeiger
