Würdigung: Michael Meyer mit Landesehrenbrief ausgezeichnet / Gründer und Motor des Zentrums für Mathematik
Von unserem Mitarbeiter Thomas Tritsch. Bensheim. "Es ist Ihnen auf vorbildliche Weise gelungen, junge Menschen für die Mathematik zu begeistern", so Landrat Christian Engelhardt über die kontinuierliche Bildungsarbeit von Michael Meyer. Dem Studiendirektor a. D. wurde gestern im Rathaus der Ehrenbrief des Landes Hessen verliehen. Meyer ist Initiator, Gründer und maßgeblicher Motor des Zentrums für Mathematik (ZFM) mit Sitz in Bensheim.
Im Sitzungssaal unterstrich Engelhardt die Leidenschaft und Ausdauer, mit der sich Meyer um die Förderung von Schülern, eine bessere Unterrichtsqualität und für eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz der Mathematik einsetzt.
Vor knapp 30 Gästen, darunter Weggefährten aus Verein, Schule und Hochschule, stellte der Landrat die besondere Position des langjährigen Fachausbilders am Bensheimer Studienseminar heraus: "Es gibt Lehrer, die für ihr Fach brennen. Sie gehören dazu." In den vergangenen 25 Jahren habe es der studierte Mathematiker (Jahrgang 1944) durch inhaltliches und organisatorisches Geschick geschafft, dass dem ZFM bundesweit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zuteil wird.
Über viele Jahre hat er den Verein als Vorstandsvorsitzender maßgeblich geprägt. Seit 2014 ist Meyer als Stellvertreter aktiv. Als Ausschussvorsitzender war er im Auftrag des Kultusministeriums auch an der Gestaltung des hessischen Mathematik-Lehrplans beteiligt.
Mit dem Zentrum hatte Meyer seiner Idee einen institutionellen Rahmen gegeben. Bereits 1991 gründete der gebürtige Fürther mit dem Kuratorium "Tag der Mathematik" die Keimzelle des späteren ZFM. Damals war er auch als Dozent an der Berufsakademie Mannheim tätig. Schon im Folgejahr trafen sich erstmals rund 200 Oberstufenschüler in der Liebfrauenschule, um sich an einem schulfreien Samstag außerhalb des Regelunterrichts in zwangloser Atmosphäre mit mathematischen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Ein Tageswettbewerb, der sich schnell und erfolgreich ausgebreitet hat. "Die Dankbarkeit in den Augen der Schüler war der Motor, der mich immer wieder angetrieben hat", sagte Meyer im Rathaus, wo ihm auch Bürgermeister Rolf Richter gratulierte.
Rathauschef lernte bei Meyer
Als Sextaner besuchte Richter 1976 im AKG jene Klasse, die Meyer nach seiner Zeit als Geschäftsführer des Mathematischen Instituts an der Universität Karlsruhe übernommen hatte. "Er hat uns sehr motiviert", so der Verwaltungschef. Wenig später habe er Mathematik als Leistungsfach belegt. Der bekannte lateinische Spruch "Judex non calculat", wonach Richter nicht rechnen können, treffe auf ihn nicht zu, sagte der gelernte Jurist.
Aus dem "Tag der Mathematik" hatte sich zügig ein bundesweites Vorzeigeprojekt entwickelt. Jedes Jahr nehmen rund 1600 Schüler an zehn Standorten teil. Flankiert von Kooperationspartnern aus Hochschule und Wirtschaft. 1998 gründete Michael Meyer das Zentrum für Mathematik - ein dezentral organisierter Überbau der immer vielfältigeren Aktivitäten. Heute zählt der Verein 150 Mitglieder.
"Es zeichnete sich ab, dass ein hoher qualitativer Anspruch auf Dauer mit Einzelaktionen nicht zu machen ist", so der ZFM-Aufsichtsratsvorsitzende Professor Dr. Martin Kiehl (TU Darmstadt) in Bensheim.
Kiehl betonte, dass Meyer bereits Anfang der 90er Jahre zwei wesentliche Probleme der schulischen Bildungslandschaft erkannt und darauf pragmatisch reagiert habe: Zum einen den im Klassensaal schwierig umsetzbaren Anspruch eines differenzierten Unterrichts, der auch leistungsstarken Schülern gerecht werde. Zum anderen den damit verzahnten Wunsch, besonders motivierten Kindern und Jugendlichen ein entsprechendes Angebot bereitzustellen. Der Fördergedanke reichte und reicht dabei weit über den schulischen Rahmen hinaus.
Als Macher und Motivator habe Meyer dazu beigetragen, dass sich unzählige Schüler in ihrer Freizeit mit den Facetten der Mathematik beschäftigen.
Pro Jahr erreicht das ZFM mit seinen verschiedenen Projekten mehr als 7000 begabte und mathematisch interessierte Schüler. Das Angebot reicht quer durch alle Klassenstufen vom Kindergarten bis zum Abitur. Beispielhaft nannte Kiehl prominente Veranstaltungen wie den "MatheTreff 3456", die hessischen Mathematik-Olympiaden und die Modellierungswoche. "Michael Meyer hat ein Maß an Mut und Risikobereitschaft bewiesen, wie es in der Beamtenwelt äußerst selten ist", sagte der Mathematikprofessor in seiner Laudatio.
Jede Menge Herzblut
Dabei habe er nicht nur viel Zeit und Kompetenz, sondern auch eine Menge Herzblut einfließen lassen, ergänzt Landrat Engelhardt. Die staatliche Würdigung, so betonte er, sei nicht nur als Dank zu verstehen: "Der Geehrte soll Vorbild sein für andere." Der Landesehrenbrief ist die höchste Auszeichnung des Hessischen Ministerpräsidenten für besonderes ehrenamtliches Engagement im Bereich der demokratischen, sozialen oder kulturellen Gestaltung der Gesellschaft.
Förderung, Bildungsqualität und Akzeptanz: Dieser Dreiklang bildet für Michael Meyer nach wie vor die Säulen des ZFM. Ein weiteres Ziel ist die enge Verzahnung von Akteuren aus den Bereichen Bildung, Politik und Wirtschaft.
Grundsätzlich sei es ihm immer darum gegangen, die Freude und Leidenschaft weiterzugeben, sagte er in seiner Dankesrede. "Wir wollen Menschen für die Mathematik begeistern." Insofern sei der Ehrenbrief auch eine Anerkennung für die Arbeit aller ZFM-Mitglieder.
© Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 05.12.2015
