Altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim

Gymnasium mit altsprachlichem Zweig
Schule mit musikalischem Schwerpunkt
Partnerschule des Leistungssports

AKG: Experte Sommerhalter sprach im Rahmen der Präventionswoche über digitalen Psychoterror

BENSHEIM. Davor gibt es praktisch kein Entkommen: Cybermobbing. In der vordigitalen Welt galt ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder der Schule als letzte Handlungsoption, um einer ätzenden Dauerschikane zu entfliehen.

Das ist heute nicht mehr möglich. Eine neue Arbeitsstelle? Eine neue Schule? Das ist kein Ausweg, verdeutlicht Peter Sommerhalter, Dozent für Neue Medien. "Egal wo man hinkommt, das Netz ist schon vorher dort." Inklusive der kompromittierenden Inhalte.

Sommerhalter, Experte für Cybermobbing, referierte im Rahmen der Präventionswoche am AKG zu einem Thema, mit dem nach Schätzungen rund 30 Prozent der Schülerschaft bereits Erfahrungen gemacht hat. Die Opfer- und Täterzahlen weisen keine geschlechterspezifischen Unterschiede auf. Mädchen und Jungen sind in gleichem Maße Ziele bzw. Initiatoren der Attacken.
 
Sommerhalter plädiert im Umgang mit der Internet-Diffamierung für eine Null-Toleranz-Strategie. Bildungsstätten müssen eine klare Position beziehen und idealerweise als Institution gegen Zuwiderhandlungen vorgehen. "Eine Schule muss zeigen, dass sie Cybermobbing nicht duldet."
 
Die "Waffen", mit denen eine Cyberaggression gefahren werden kann, sind vielfältig: A udio- oder Videodateien und vor allem Bilder, die über Nachrichtendienste sowie soziale Netzwerke verbreitet werden. Die Heranwachsenden sind heute ständiger (Handy-)Beobachtung ausgesetzt. "Jeder Quatsch, den man macht, kann im Netz landen."
 
Wie soll man auf Cybermobbing reagieren? Nichtstun ist falsch, sagt Sommerhalter. Die Möglichkeiten, einem digitalen Regelverstoß entgegenzutreten, reichen von einem Gespräch zwischen Opfer und Täter bis zu einer Anzeige wegen der Verletzung von Persönlichkeits- oder Urheberrechten. Beispiel: Die Weiterverbreitung eines Bildes ohne Einwilligung des Fotografierten ist illegal, kann also strafrechtlich sanktioniert werden.
 
Im Zuge der Aufarbeitung eines Cybermobbing-Vorfalls können weitere Unannehmlichkeiten für das Opfer entstehen. Durch den Klärungsprozess erfährt die Bloßstellung eventuell neue Aufmerksamkeit im Netz. Dies lässt sich oft ebenso wenig vermeiden wie die meist erforderliche Einbeziehung der Eltern in die Problemlösung. Sommerhalter: "Das ist noch mal richtig hart für die Betroffenen, aber da muss man durch, das muss man aushalten. Dann ist es vorbei." Kinder mit Selbstwertgefühl würden dieser schwierige Phase mit Unterstützung von Eltern und Freunden meistern.
 
Ein wichtiger Faktor im Kampf gegen Cybermobbing ist die Prävention. Was geht und was nicht geht im Netz, muss den Kindern und Jugendlichen vermittelt werden. Auf dem Gebiet der vorbeugenden Maßnahmen sind in erster Linie die Eltern gefragt. Dass viele Erwachsene ihren Zöglingen im Umgang mit den digitalen Medien nicht das Wasser reichen können, lässt Sommerhalter nicht als Entschuldigung gelten für Untätigkeit in Sachen medialer Erziehung.
 
Eltern müssen Regeln vorgeben
 
"Kinder können mit der Technik, mit der sie aufwachsen schon immer besser umgehen als ihre Eltern." Eltern müssen die Handhabung der elektronischen Kommunikationsmittel jedoch nicht detailliert beherrschen, um ihren Kids die Regeln näher zu bringen. "Ein Trainer ist nicht der beste Spieler, er muss der Mannschaft sagen, wo es langgeht", bedient sich der Fachmann eines Vergleichs aus dem Sport zur Umschreibung der Elternrolle. Zu dieser Aufgabe gehört es, dem Nachwuchs die Grundlagen verantwortungsvollen Verhaltens zu erklären, ein kindgerechtes Aufwachsen zu ermöglichen, vor Gefahren zu warnen und zu bewahren - außerhalb und innerhalb des Netzes.
 
Sommerhalter: "Die virtuelle Welt ist die reale Welt. Handlungen in der einen Welt haben Auswirkungen in der anderen." eh/s
 
© Bergsträßer Anzeiger, Freitag, 06.02.2015