BENSHEIM. Der erste große Schritt ist getan: Die Gesamtkonferenz am AKG hat ein Konzept beschlossen, das für die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium erstellt werden musste. Jetzt haben Eltern und Schüler das Wort. Sie müssen ebenfalls zustimmen, damit das Staatliche Schulamt und der Kreis als Träger eine entsprechende Genehmigung erteilen können.
Im Mai hatte sich - wie mehrfach berichtet - die Gesamtkonferenz, in der alle Lehrer vertreten sind, dazu entschlossen, G 8 den Rücken zu kehren. Ab dem nächsten Schuljahr soll am Alten Kurfürstlichen Gymnasium ein Neuanfang gestaltet werden. Auch deshalb ist ein gewisser Zeitdruck nicht von der Hand zu weisen. "Ende November beginnen die Informationsveranstaltungen für die weiterführenden Schulen. Bis dahin brauchen wir Klarheit", erklärte Schulleiter Karlheinz Wecht gestern auf Anfrage.
Schulleiter ist zuversichtlich
Mitte dieses Monats konstituiert sich der neue Schulelternbeirat. In der Sitzung wird es wohl auch um das Konzept für G 9 gehen. Die Elternvertreter werden in den nächsten Tagen vorab das Konzept erhalten. Danach muss die SV ihr Votum abgeben. "In der Schülerschaft herrscht größerer Diskussionsbedarf als bei den Eltern", so Wecht.
Er ist jedoch zuversichtlich, dass sich die Schulgemeinschaft letztlich mehrheitlich für eine Rückkehr aussprechen wird. Als letztes Gremium muss die Schulkonferenz mit einer Zweidrittel-Mehrheit zustimmen. In der Runde sitzen sechs Lehrer, jeweils drei Schüler und Eltern sowie der Schulleiter.
In den vergangenen Monaten habe eine Arbeitsgruppe viel Zeit für die Konzeption investiert. Allein die Erläuterungen, wie künftig in den einzelnen Fächern unterrichtet werden soll, füllen vier dicke Aktenordner. Fest steht, dass laufende Jahrgänge nicht zu G 9 zurückkehren sollen, sie müssen das Turbo-Abi durchziehen. "Es gibt viele Gründe, die für unsere Entscheidung sprechen. Einer davon ist sicherlich, dass so der Frieden in der Schule gewahrt werden dürfte", betonte Karlheinz Wecht.
Der Schulleiter spielt damit auf das Mitspracherecht der Eltern an, hätte man in der Unterstufe den Rückwärtsgang eingelegt. In der Praxis hätte dann das Veto eines Elternpaares ausgereicht, um einem ganzen Jahrgang weiterhin G 8 zu verordnen - so geschehen beispielsweise am Überwaldgymnasium in Wald-Michelbach. Weitere Nachteile seien ein erhöhter Personalaufwand sowie die ungeklärte Frage, was mit Kindern passiert, die sitzenbleiben.
Grundsätzlich sieht das Kollegium den Neustart positiv. In 13 Jahren zum Abitur - das sei pädagogisch sinnvoll und der Reifeentwicklung der Schüler angemessen, meint Wecht. Seit mehr als einem Jahr wurde in einer Arbeitsgruppe das Thema ausführlich besprochen, wurden Folgen und Auswirkungen eruiert. "Es konnte dadurch vieles geklärt werden", bemerkte der Schulleiter.
Das AKG nutzt die Gunst der Stunde nicht nur dazu, um die Uhr auf null zu stellen. Die Eckpunkte des Konzepts zielen nicht nur auf mehr Zeit für Bildung, sondern auch auf die Sicherung des Fremdsprachenangebots, den Ausbau der Naturwissenschaften und das Angebot des Zertifikats "Hessisches Internationales Abitur". Das bedeutet: Wer möchte, kann ab dem Schuljahr 2015/16 zwei Stunden Englisch-Unterricht zusätzlich erhalten - als Grundlage für das "Hessische Internationale Abitur".
Trendwende ausgemacht
Ist das Interesse ausreichend, muss dann ab der Oberstufe mindestens ein naturwissenschaftliches Fach in englischer Sprache gelehrt werden. "Eine deutliche Stärkung der Naturwissenschaften am AKG", findet Karlheinz Wecht, der in Bensheim eine Trendwende ausgemacht hat. Alte Sprachen - wie Latein - werden bei Weitem nicht mehr so stark nachgefragt. Vielmehr gebe es einen Schwerpunkt bei den Naturwissenschaften. Darauf müsse sich die Schule ein- und danach umstellen.
110 Fünftklässer, verteilt auf vier Klassen, hat das AKG im Sommer aufgenommen. Die Zahlen bewegen sich auf dem Niveau der Vorjahre. Insgesamt sei das Gymnasium im Vergleich zu früher aber deutlich kleiner geworden, bestätigte der Schulleiter. Aktuell besuchen das Traditionshaus rund 1000 Kinder und Jugendliche.
Mit der Rückkehr zu G 9 will man jedoch nicht bewusst die Schülerzahlen wieder nach oben drücken. "Das ist nicht das Hauptargument, zumal die Gebäude ohnehin nur auf 1000 bis 1100 Schüler ausgelegt sind. Ich bin aber gespannt, wie sich das Ganze entwickeln wird", blickte Wecht voraus.
Bis es aber so weit ist, haben jetzt erst einmal Eltern und Schüler das Wort. (Dirk Rosenberger)
ZERTIFIKAT „HESSISCHES INTERNATIONALES ABITUR“
Das Zertifikat "Hessisches Internationales Abitur" gibt es seit März 2014. In Bensheim ist das AKG das erste Gymnasium, an dem das Zertifikat ab dem Schuljahr 2015/16 erworben werden kann.
Mit dem Zertifikat wird der Erwerb besonderer Kompetenzen im Rahmen eines anwendungsorientierten Fremdsprachenkonzepts bescheinigt. Der Schwerpunkt des fremdsprachigen Unterrichts liegt dabei im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).
In den Jahrgangsstufen 5 und 6 ist die Teilnahme an einem um jeweils mindestens eine Wochenstunde verstärkten Unterricht in der modernen ersten Fremdsprache verpflichtend.
In der Mittelstufe ist dann im Rahmen des Regelunterrichts ein bilinguales Sachfach verpflichtend.
In der gymnasialen Oberstufe ist die durchgängige Belegung eines bilingual unterrichteten MINT-Fachs bis zum Ende der Qualifikationsphase verpflichtend. In dem Fach muss beim Abitur außerdem eine Prüfung abgelegt werden. red
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 07.10.2014
