„Ein guter Lehrer benötigt nichts als ein Stück Kreide und eine Tafel“, schien lange Zeit das Credo der deutschen Bildungspolitik. Entsprechend sah es in vielen Klassenzimmern aus: Schwamm, Wasser und Kreide waren die wichtigsten Requisiten einer Lehrkraft.
Mit den neuen Whiteboards sieht der Unterricht ganz anders aus: Kreise ohne Zirkel zeichnen – kein Problem. Der „Magic Pen“ erkennt sogar ein missratenes Osterei noch als regelmäßige Figur, die Karten zeigen die neuesten Grenzen jedes Landes, der Mount Everest ist einen halben Meter höher als im alten Schulatlas. Versuche kann man als Video zeigen – ohne Gestank, gefährliche Strahlung oder das Risiko, dass sie nicht gelingen.
Auch die Schüler haben Spaß an der neuen Technologie: Selten gab es eine so lebhafte Beteiligung, wenn es darum ging, an die Tafel zu schreiben. Manche Schüler sind im Umgang mit der neuen Technik versierter als ihre Lehrer.
Während der Stunde kann das Tafelbild übertragen oder gespeichert werden – ein großer Vorteil gerade in Zeiten des Wechselunterrichts. Eine Dokumentenkamera ermöglicht die Übertragung von Schülerergebnissen an die Tafel, das Mikrofon ein Gespräch mit den Schülern im Homeschooling. Und wer immer noch gerne mit einem richtigen Stift schreibt, kann das trotzdem tun – denn anders als bei der ersten Generation der Whiteboards lässt sich die Projektionsfläche auch mit einem entsprechenden Stift beschreiben – obwohl das Schreiben mit dem Zeigefinger mehr Spaß bereitet.
Zwar macht ein neues Tafelsystem allein noch keinen guten Unterricht aus, aber es bietet viele neue Möglichkeiten: Software, die eine mathematische Funktion zeichnet, kurze Filme in einer Fremdsprache (die die Schüler auch selbst produzieren und abspielen können), einen digitalen Theaterbesuch – obwohl die Theater gerade geschlossen sind. Alles ist möglich.
Bei manchem Lehrer kommt vielleicht dennoch ein bisschen Nostalgie auf, wenn es im Klassenraum weder Schwamm noch Kreide gibt. „Lehrer, die da immer noch davon träumen, sind wohl Dinosaurier. Die sind aber bekanntlich in der Kreidezeit ausgestorben, weil sie für die neuen Herausforderungen nicht gerüstet waren. Das wird den Lehrern des AKG sicherlich nicht geschehen. Kinder lieben sie trotzdem – die Dinosaurier“, schreibt das Gymnasium in einer Pressemitteilung abschließend. red (Bergsträßer Anzeiger)
